Dienstag, 12. August 2014

Der lange Weg von der Idee aufs Papier - meine kreative Karte von Lyon

In Lyon habe ich ein Semester verbracht, zum Studium der Geographie und vor allem des ‚Savoir vivre‘. Und ich habe mein Herz verschenkt. Eine Stadt, so wunderschön wie Lyon, die wird man lange suchen. Vor einiger Zeit hat Ariane von Heldenwetter zu einem Wettbewerb eingeladen, eine kreative Karte von seiner Lieblingsstadt zu erstellen. Welche Stadt das sein würde, war da schnell klar. 
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Karten kann man ja nie genug haben, sie sind das wichtigste Handwerkszeug eines Geographens. Was allerdings noch spannender ist als einfache Land- und Stadtkarten sind Kognitive Karten. Auf diesen zeigt sich nämlich, wie eine Person subjektiv den Raum, z. B. eine Stadt, wahrnimmt. In welchen Gebieten kennt sie sich besonders gut aus? Welche Bereiche gleichen eher terra incognita? Kognitive Karten sind also die Karten, die wir von einer Stadt im Kopf haben. Wir wissen, wo sich unser Lieblingscafé befindet, wo man gut Gemüse einkaufen kann und wo es sich zum Sonnenuntergang besonders schön entspannen lässt. Die Wege, die wir jeden Tag zur Arbeit/Uni/Schule gehen, kennen wir besonders gut, da können wir fast blind einen genauen Straßenplan zu erstellen. Dann gibt es andere Bereiche einer Stadt, in der wir nur selten waren, wo wir vielleicht nur einzelne markante Plätze oder Gebäude erinnern. Vielleicht gibt es sogar Viertel, in denen wir noch nie waren. Was die Sache so interessant macht: jede kognitive Karte ist ein Unikat. Meine mentale Karte von Lyon wird niemals der einer anderen Person komplett gleichen. Jeder erlebt eine Stadt anders, eignet sich verschiedene Räume an, findet andere Lieblingsorte, erinnert andere Details.

Kognitive Karten existieren also prinzipiell nur im Kopf eines jeden Menschens, sie sind für andere nicht einsehbar. Man kann sich aber mal die Mühe machen, wenigstens einen Ausschnitt dieser Karte aufzuzeichnen und damit für andere sichtbar machen, sie an der eigenen Wahrnehmung einer Stadt teilhaben lassen. Und damit sind wir endlich bei Arianes Idee. Man kann sich darüber hinaus auch noch künstlerisch daran betätigen, seine kognitive Karte einer Stadt besonders schön aufs Papier zu bringen.
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Seit Lesen dieses Posts stand nun also auf meiner mentalen to do -Liste ein „kreative Karte von Lyon anfertigen“. Doch statt anzufangen tat ich lieber das, was mir viel näher liegt: alles theoretisch bis ins letzte Detail durchdenken. Das komplette Internet wurde nach kreativen Karten durchscannt, ich durchforstete meine Lyon-Fotoalben nach den besten Motiven. Vor meinem geistigen Auge stand nicht irgendeine Karte, es war DIE perfekte Karte, die vor Kreativität, Einfallsreichtum und Genauigkeit nur so strahlte. Und so gingen die Tage ins Land.

Was der Perfektionist in mir gar nicht mag sind schnelle Skizzen. Wenn ich etwas zeichne, dann mit pingeligster Genauigkeit. Jedes Häärchen muss korrekt sitzen. Schon in der Schule musste ich meine Zeichenarbeiten immer mit nach Hause nehmen, weil ich es während des Unterrichts einfach nie schaffte fertig zu werden. Da ich oft aber schon im Vorhinein ahne, dass ich den Ansprüchen meines Perfektionistens nicht gerecht werden kann, lasse ich das mit dem Anfangen oft auch einfach ganz bleiben.
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Nun sah ich es schon kommen, dass auch diese Idee einer Karte von Lyon in den Abfalleimer des Perfektionisten wandern würde; dass ich gar nicht erst anfangen würde aus Angst, dass es nicht gut genug würde. Es blieben auch nur noch zwei Tage zur Umsetzung, keine Zeit für Pingeligkeiten. Die perfekte Karte? So ein Quatsch. Ich bin keine begnadete Zeichnerin und schon gar nicht im Genre ‚kreative Karten‘. Ich bin ich und ich fange jetzt mit dem an, was ich habe und was ich kann. Et voila.

Zu der Gelegenheit konnte ich auch gleich mal meinen kleinen Aquarellkasten aus dem Schrank holen, der dort aus eben jener Perfektionismus-Sklaverei seit über einem Jahr unangetastet sein trauriges Dasein fristete. Also, lange Rede, kurzer Sinn: Vorhang auf für mein kleines Unperfekt-Werk! Nicht perfekt, aber dafür tatsächlich da!
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Meine Chancen auf einen der tollen Preise schätze ich eher gering ein - aber dafür bin ich ein wenig stolz auf mein kleines Werk! Und vor allem darauf, dass dieser miese kleine Perfektionist heute mal nicht gewonnen hat. Jawoll!

Was es nun alles schönes in Lyon zu sehen gibt, dazu gibt es eine ganze Menge zu berichten. Daher wird es hierzu in Kürze mehr zu lesen und vor allem zu schauen geben.

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